Gustav Klimt
Gustav Klimt war Sohn des aus Böhmen stammenden Goldgraveurs Ernst Klimt d. Ä. (1834–Juli 1892) und der Anna Rosalia Klimt geb. Finster (1836–Februar 1915). Er wurde als zweites von sieben Kindern im damaligen Wiener Vorort Baugmarten (Wien) Nr. 4 (heute 14., Linzer Straße 247; das Geburtshaus wurde 1966 abgerissen) geboren. Seine Brüder Ernest Klimt d. J. und Georg Klimt waren ebenfalls Künstler.Klimt sollte erst den Beruf des Vaters erlernen, erhielt jedoch ein Stipendium, sodass er 1876–1883 an der Wiener Kunstgewerbeschule des k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie bei Ferdinand Laufberger, Victor Berger, Ludwig Minnigerode, Karl Hrachowina und Michael Riaser studieren konnte. Er wohnte (mit Unterbrechungen) bei seinen Eltern, Burggasse 47, und war in Lehmann noch 1894 dort eingetragen.In den 1880er Jahren bildete er mit seinem Bruder Erns (Lehmann: Gebrüder Klimt) und Franz Matsch eine als Künstler-Compagine geführte Ateliergemeinschaft, die in Lehmann erstmals 1888 an der Adresse Sandwirtgasse 8, aufscheint und hier bis 1890 genannt wird; 1888 war der jüngste der drei, Ernst, volljährig geworden. 1888 / 1889 unternahm Klimt Reisen nach Krakau Triest Venedig und München. Von 1891 an scheint als Atelieradresse der Compagnie Josefstädter Straße 21, auf (man arbeitete im Gartenpavillon des Hauses gegenüber dem Theater in der Josefstadt).Die Compagnie gestaltete unter anderem Vorhang- und Deckengemälde für die Theater in Reichenberg, Karlsbad und 1885 in Fiume, 1885 Deckengemälde in der Wiener Hermesvilla, 1886–1888 die Deckenfresken in den beiden Stiegenhäusern des Neubaus des Burgtheaters und 1891 / 1892 die Zwickel- und Interkolumnienbilder im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums . Während Matsch nach seiner Eheschließung 1895 in Döbling, dem 19. Bezirk, wohnte und arbeitete (1896 schien er in Lehmann noch in der Josefstädter Straße auf), war Klimt nach Lehmann noch 1910 an der Josefstädter Straße tätig.1890 erhielt Klimt als Anerkennung für sein Aquarell Zuschauerraum im alten Burgtheater (das Gebäude wurde abgerissen) den Kaiserpreis. Er wurde 1891 Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens (Künstlerhaus). 1892 starb im Juli sein Vater, im Dezember sein jüngerer Bruder Ernst. Am 24. Mai 1897 trat er aus dem Künstlerhaus aus und gehörte zu den Gründern der Wiener Secession, deren erster Präsident er von 1897 bis 1899 war. Für das von Josef Olbrich 1897 / 1898 errichtete Secessionsgebäude entwarf er die Metalltüren. 1898 veranstaltete die Secession ihre erste Ausstellung. Für die Secessions-Zeitschrift Ver Sacrum (Der heilige Frühling) lieferte er 1898–1903 zahlreiche Bildvorlagen und Illustrationen.Über von Klimt und Matsch von 1900 an erstellte Entwürfe zu den so genannten Fakultätsbildern für die Universität Wien, die im Auftrag des k.k. Unterrichtsministeriums entstanden, kam es zum Bruch zwischen den beiden Künstlern. Klimts Entwürfe, die er in der Secession ausstellte, wurden von Universitätsprofessoren und Medien unter Pornografievorwürfen heftig abgelehnt. Nach dem Wiener Skandal um das erste Bild, Philosophie, das bei der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde, war Klimt bei Medizin (1901) und Jurisprudenz malerisch noch weniger kompromissbereit als zuvor. Matschs Gemälde Theologie wurde hingegen akzeptiert und befindet sich bis heute in der Universität Wien. Karl Kraus, der Klimts Stil offenbar nicht schätzte, verteidigte in seiner Zeitschrift Die Fackel[1] die Ablehnung des Philosophie-Gemäldes durch die Professoren und kolportierte die abschätzige Bemerkung, dass die Pariser der importierten Kunst den Spottnamen „goût juif“ (jüdischer Geschmack) verliehenhätten. Klimt trat vom Auftrag des Ministeriums 1905 zurück, retournierte mit Hilfe privater Gönner das erhaltene Honorar und nahm seine drei Bilder zu sich (sie waren im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und sind 1945 in Niederösterreich verbrannt).1902 schuf Klimt aus Anlass der 14. Secessions-Ausstellung für den linken Seitensaal des Wiener Secessionsgebäudes (mit der Beethovenstatue Klingers) den Beethovenfries. Die Auseinandersetzungen, die darüber in der Presse geführt wurden, dokumentierte Hermann Bahr, Freund und Verfechter Klimts, im Buch Gegen Klimt, das Ende 1902 erschien und Zeitungsausschnitte zu Klimts Werk versammelte. 1903 zeigte die Secession 80 Werke Klimts. 1905 trat Klimt mit einer Gruppe von Künstlern, unter anderen Carl Moll, aus der Secession aus, weil ihm einige Malerkollegen einen zu „naturalistischen“ Stil verfolgten, unter anderem Josef Engelhart. Klimts Bilder wurden aus dem Secessionsgebäude entfernt.Mit Josef Hoffmann und Koloman Moser, den Gründern der Wiener Werkstätte, verband Klimt enge Freundschaft. 1904 wurde Josef Hoffmann mit dem Entwurf eines Stadtpalais für den belgischen Großindustriellen Adolphe Stoclet in Brüssel betraut; das Gebäude ist als Palais Stoclet in die Kunstgeschichte eingegangen. Gustav Klimt wurde mit einem in der Wiener Werkstätte auszuführenden Fries (sog. Stoclet-Fries) für den Speisesaal des Palais beauftragt. Diese Arbeit begann er 1905 mit der Anfertigung von Werkzeichnungen (heutiger Aufbewahrungsort: Museum für angewandte Kunst, Wien), änderte aber die Entwürfe 1908 wieder. Die Übertragung der Entwürfe in Brüssel fand 1909–1911 statt.1905 stellte Klimt in der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Berlin 15 Werke aus und erhielt den Villa-Romana-Preis. 1906 reiste Klimt nachBelgien und England und wurde zum Ehrenmitglied der Königlich-Bayerischen Akademie der Bildenden Künste in München ernannt. 1908 reiste er nach Florenz.1907 / 1908 entstand Klimts berühmtestes Gemälde, Der Kuss. Es wurde in der Kunstschau Wien 1908 gezeigt und vom k.k. Ministerium für Kultus (sic!) und Unterricht sofort angekauft. Die Kunstschau wurde von der aus der Secession ausgetretenen Künstlergruppe um Klimt und von Josef Hoffmann in einem temporären Ausstellungsgebäude veranstaltet, das Hoffmann auf dem Grundstück des später gebauten Wiener Konzerthauseserrichtete.1909 reiste Klimt nach Paris, Madrid und Toledo, 1914 nach Brüssel. 1912 wurde er Präsident des Bundes Österreichischer Künstler.Ausstellungen im Ausland zeugen von Klimts Bedeutung im damaligen Kunstbetrieb. Er stellte 1908 in Prag und Dresden aus, 1909 in München, 1910 an der IX. Biennale in Venedig (wo seine Werke begeistert aufgenommen wurden), 1911 in Rom (Klimt fuhr aus diesem Anlass nach Rom und Florenz), 1912 wieder in Dresden, 1913 in Budapest, München und Mannheim, 1914 mit dem Bund Österreichischer Künstler in Rom sowie 1916 mit Schiele undKokoschka in der Ausstellung des Bundes in Berlin.Von 1900 bis 1916 war Gustav Klimt vorwiegend am Attersee in Oberösterreich auf Sommerfrische. Hier entstand der größte Teil seiner Landschaftsgemälde. (In Unterach am Attersee erinnert ein Klimt-Denkmal am Seeufer daran.) Nach dem Atelier in der Josefstädter Straße nützte er von 1911 / 1912 an ein damals ebenerdiges Gebäude (Wien 13., Feldmühlgasse 11; in Lehmann mit Hausnummer 9 verzeichnet) im Wiener VorortUnter-St.-Veit, das heute als Klimt-Villa bezeichnet wird, als Arbeitsort. Als sein Wohnsitz wurde, nachdem er in Lehmann 1911 überhaupt nicht aufgeschienen war, für die Ausgaben 1912 bis 1915 die neue Atelieradresse erfasst, von der Ausgabe 1916 an Wien 7., Westbahnstraße 36, die Wohnung, aus der seine Mutter Anna, Graveur-Witwe, Anfang 1915 „herausgestorben“ war.Der Künstler pflegte enge Beziehungen zu einigen seiner Auftraggeber, die vornehmlich aus dem assimilierten jüdischen Wiener Großbürgertum stammten. Klimt war nie verheiratet, hatte aber zu mehreren Frauen intime Beziehungen, insbesondere zu seinen Modellen aus großbürgerlichen Kreisen. Wie weit die Beziehungen mit den von ihm porträtierten Frauen seiner Auftraggeber ging, etwa mit Serena Lederer, der Gattin August Lederers, oder mit Adele Bloch-Bauer, der Gattin des Zuckerindustriellen Ferdinand Bloch-Bauer, ist Spekulation. Elisabeth Bachofen-Echt, die Tochter Serena Lederers, erreichte während der Zeit des Nationalsozialismus jedenfalls einen „Abstammungsbescheid“, durch den die außereheliche Vaterschaft des „arischen“ Gustav Klimt amtlich bestätigt wurde, was ihr vermutlich das Leben rettete. Enge, aber nicht notwendiger Weise sexuelle Beziehungen bestanden auch zu Alma Mahler-Werfel und zur (angeblich lesbischen) Emilie Flöge, für deren Modesalon Klimt Entwürfe zuReformkleidern anfertigte.1917 lehnte das k.k. Unterrichtsministerium es zum vierten Mal ab, Klimt zum Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien zu ernennen (der erste Vorschlag dazu wurde 1891 gemacht), worauf ihn die Akademie am 26. Oktober 1917 zu ihrem Ehrenmitglied ernannte.Gustav Klimt erlitt am 11. Jänner 1918 in seiner Wohnung in der Wiener Westbahnstraße einen Schlaganfall und starb am 6. Februar 1918 imAllgemeinen Krankenhaus, Wien 9., Alser Straße 4. Am 11. April 1918 starb Wiens wichtigster Architekt der Jahrhundertwende, Otto Wagner. Am 31. Oktober 1918 starb Egon Schiele; er hatte sein letztes Atelier wie Klimt im 13. Bezirk, Hietzing (die beiden Ateliers waren nur vier Häuserblöcke entfernt), und wurde wie Klimt und Wagner auf dem Hietzinger Friedhof bestattet.